Farbiger Mond
Der Mond erscheint üblicherweise weiß-grau ohne wesentliche Farbgebung. Nur in speziellen Situationen wie z.B. im Halbschatten oder Schatten bei einer Mondfinsternis oder bei niedrigem Stand in Horizontnähe entsteht eine rötlich-braune Färbung des Mondes.
Tatsächlich haben aber Teile der Mondoberfläche durchaus an unterschiedlichen Orten schwach unterschiedliche Farbtönungen. Dieses ist nicht verwunderlich – auch auf der Erde kennen wir viele Gesteinsschichten mit deutlich abweichender Farbtönung, die man auf unterschiedliche mineralische Zusammensetzungen zurückführen kann.
Durch die Möglichkeiten der digitalen Fotografie kann man nun auch geringe Farbnuancen stärker sichtbar machen durch eine spezielle Bearbeitung der aufgenommenen Bilder. Dabei muß aber darauf geachtet werden, daß eine gewisse Farbneutralität erhalten bleibt, damit die Farben bei der Bearbeitung nicht komplett abdriften. Ich beschreibe hier grob, wie man dieses erreicht.
Darüber hinaus vergleiche ich das Ergebnis mit verschiedenen wissenschaftlichen Studien der Mondoberfläche. Das Ergebnis zeigt, daß man tatsächlich in den farbüberhöhten Fotos Informationen über die großflächige Zusammensetzung des Gesteins der Mondoberfläche sichtbar kann.
Die Bildbearbeitung
Typischerweise liegt die Farinformation als RGB-Bild vor. Je nach Kamera (-sensor) kann im Bild durch unterschiedliche Empfindlichkeiten in den 3 Farbbereichen aber eine gewisse Färbung des Mondes entstehen. Daher ist als erster Schritt ein Weißabgleich notwendig. Dieser sollte derart erfolgen, das sowohl in den dunklen Bereichen als auch in den sehr Hellen im wesentlichen Grautöne erscheinen, also kein Farbstich vorhanden ist. Dabei sollten aber die 3 Farben jeweils nur linear manipuliert werden. Betrachtet man die Histogramme für die Farbintensitäten, so bedeutet das, daß sowohl die untere als auch die obere Flanke jeder Farbe jeweils weitestgehend zusammenfallen.
Im nächsten Schritt wird die Farbsättigung schrittweise verstärkt. Dabei muß (wieder) darauf geachtet werden, daß die dunklen Schatten als auch die sehr hellen Bereiche farbneutral bleiben. Falls nötig muss hier, wie beim Weißabgleich, nachkorrigiert werden.
Als Ergebnis tritt nun eine deutliche Farbdifferenzierung von verschiedenen Bereichen der Mondoberfläche hervor. Die entstanden Farben repräsentieren keine echten Farben – sie verdeutlichen nur die tatsächlich vorhandenen kleinen Farbunterschiede!
Am besten und deutlichsten ist das Ergebnis bei Bildern die nahe der Vollmondphase gemacht werden. Hier entspricht unser Betrachtungswinkel etwa dem Winkel der Beleuchtung und man hat keine verfälschenden Einflüsse z.B. durch winkelabhängige Streu- und Reflexionsphänomene.
Das zusammengesetzte Bild der 3 Mondphasen zeigt, wie das Ergebnis aussehen kann:
Haben die Farbschattierungen in den so gewonnen Bildern eine Bedeutung?
Bei den Apollo Missionen 1969-72 wurden sehr punktuell Materialproben eingesammelt. Dann erfolgte 1994 die Clementine Mission, bei der der Mond mit mehreren Kameras z.B. bei 415nm, 750nm, 900nm, 950nm und 1000nm detailliert fotografiert wurde. 1998/99 auf der Lunar Prospektor Mission erfolgten Mondumrundungen mit einem Gamma-Ray-Spektrometer (GRS) und es wurden erste Karten der Zusammensetzung der Mondoberfläche in grober Auflösung erstellt, speziell für Thorium, Phosphor und Eisen (Science, Vol.281, I.5382, p.1484, 4 Sept 1998). Darüber hinaus gab es viele erdbasierte, spektroskopische Messungen im Wellenlängenbereich von 620nm – 2,6µm.
2002 wurden Auswertungen der Missionen veröffentlicht, in denen die FeO Verteilungen auf dem Mond ermittelt wurden (J.geophys. Res. V. 107, No. E12, 5130, 2002).
In 2005 wurde dann von Kaydash et al. aus der Ukraine eine Auswertung der UV-IR Daten zur Bestimmung von Elementvorkommen Ca, Al, Fe, Mg, Ti, O veröffentlicht, die viele Karten mit Elementverteilungen enthält
Auch danach haben sich mehrere Forschergruppen mit diesem Thema befaßt und die Element- bzw. Oxid-Verteilungen noch genauer bestimmt (siehe z.B. “New maps of lunar surface chemistry”,Icarus, Volume 321, 15 March 2019, Pages 200-215).
Vergleicht man z.B. die Karten von Kaydash et al. mit den Färbungen der Mondoberfläche auf den farbverstärkten Bildern, so kann man interessante Übereinstimmungen erkennen!
Vergleicht man das Farbbild mit den Karten für die Anreicherung der Oxide FeO und TiO2 auf der Oberfläche so wird deutlich, daß die blauen Bereiche den Gegenden zugeordnet werden können, die relativ hohe Anteile an Titan aufweisen. Dieses zeigt sich besonders deutlich im Mare Serenitatis, das am Rand einen starken Farbübergang zum Blauen besitzt, der eindeutig mit dem Anstieg der TiO-Anteile korreliert. Die
Bereiche mit hohen bzw. sehr hohen FeO-Anteilen zeigen eine bräunliche Färbung, besonders prägnant zu erkennen im Bereich des Aristarchus Plateaus mit dem Vallis Schröteri, wo ein satter Braunton den Bereich maximalen Eisenanteils markiert.
Der weitere Vergleich mit der Häufigkeitsverteilung von Al2O3 und CaO (und auch SiO2) zeigt daß die weiß erscheinenden Hochflächen einschließlich der Strahlen von Tycho im Bild durch hohe Konzentrationen dieser Oxide gekennzeichnet sind. In den Mare wurden jedoch nur sehr geringe Anteile ermittelt.
Betrachtet man die ermittelte Verteilung von MgO auf der Mondoberfläche, dann sieht man, daß die Bereiche in hellem gelb-ocker Ton überwiegend die Gegenden mit hohen MgO-Anteilen widerspiegeln. Man kan generell feststellen, das die Oberfläche der Mare sehr hohe Anteile von Metalloxiden enthalten. Diese sind wahrcheinlich entstanden bei der Bildung der Mare durch das Aufquellen des Materials aus dem inneren des Mondes, welches eine deutlich andere Zusammensetzung besitzt.
Hier sind nun noch gezeigt zwei Beispiele von farblichen Details, die man mit farbverstärkten Bildern sichtbar machen kann:
Das Bild zeigt im linken Bereich das Aristarchus Plateau in recht scharf abgegrenztem, beige-braunem Bereich, der ja extrem hohe FeO Anteile aufweist. In das Bild eingesetzt ist als Vergleich eine Aufnahme der Clementine Mission, die mit speziellen Farbfiltern gewonnen wurde. Man erkennt deutlich exakt die gleiche genau definierte Abgrenzung dieses Bereiches.
Ein weiteres Beispiel einer lokalen Farbanomalie zeigt das Bild des Kraters Kopernikus. Man erkennt einen 90°-weiten Bereich, ähnlich einem Kuchenstück, der eine orange-rötliche Färbung aufweist und dessen Spitze auf einen der Zentralberge des Kraters ausgerichtet ist. Man nimmt an, das pyroclastische Ströme z.B. mit besonders FeO-haltigem Material aus dem Untergrund diese lokalen Veränderungen der Oberfläche hervorgerufen haben.